… plötzlich Ingenieur

Bei einem Besuch im Dolezych-Prüflabor ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich groß, auf Winfried (Winnie) Röhn zu treffen. Er ist einer der vier Mitarbeiter der Abteilung Qualitätssicherung, die sich z. B. um die Wareneingangsprüfung von Roh- und Vormaterialien oder die Serienprüfung unserer konfektionierten Produkte kümmern. Auch die Beurteilung von Reklamationen und die Entwicklung von Prüfparametern für Produktinnovationen gehören zu seinem Aufgabengebiet. Pro Tag werden etwa 50 – 60 Einzelprüfungen z. B. an Seilen, Hebebändern, Anschlagketten, Zurrmitteln oder Hebezeugen durchgeführt. Sie reichen von „zerstörenden Prüfungen“ auf einer speziellen hydraulischen Zugprüfmaschine der Genauigkeitsklasse 1 zur Ermittlung der Bruchkraft eines Hebebandes bis hin zu normativ geforderten Produkt-Serienprüfungen von Zurrgurten nach DIN EN-Vorgaben. 

Zeitaufwändiger Prüfprozess

Diese Prüfvorgaben müssen alle Hersteller, unabhängig vom globalen Produktionsstandort, auf geeigneten Prüfmaschinen und Vorrichtungen durchführen und dokumentieren. Pro Gurt können die Prüfungen schnell bis zu einem halben Tag in Anspruch nehmen. Der Prüfprozess ist u. a. deshalb so zeitaufwändig, weil die Prüfungen auf unterschiedlichen Prüfmaschinen und Prüfvorrichtungen durchgeführt und alle Vorgänge detailliert dokumentiert werden. 

Die Prüf- und Dokumentationspflicht besteht übrigens auch für Produkte mit GS-Zeichen! Denn wer Produkte unter seinem Namen oder seiner Marke verkauft – egal woher sie stammen und ob er sie selbst gefertigt hat –, gilt als „Hersteller“ im Sinne der einschlägigen Gesetze und ihn trifft die volle Produktverantwortung. Die „volle Produktverantwortung“ meint in diesem Fall vor allem die Herstellerpflichten zur Produktprüfung und
-kontrolle z. B. durch Normen verbindlich vorgeschriebene Probenahmen für die Serienfertigung (stichprobenartige Kontrolle pro Fertigungslos), einschließlich deren Dokumentation und anschließender Produktüberwachung. So braucht es seine Zeit, einen Zurrgurt z. B. der „dynamischen Schwingprüfung“ (auch „Wechsellastprüfung“) zu unterziehen. 

„Wenn es um was Neues (…) geht, wird’s richtig interessant.“

„Mit dieser großen Anzahl an Prüfungen und deren Dokumentation kommen wir zum einen unseren Verpflichtungen als 9001-zertifizierter Hersteller nach und unterstützen zum anderen die Technik-Abteilung bei der Entwicklung von neuen Produkten. Und immer dann, wenn es um was Neues bei textilen Produkten wie Hebebändern, Seilen und Rundschlingen oder hochfesten Stahlprodukten wie Anschlagketten und Spezialseilen geht – wie z. B. den Umgang mit Hochleistungswerkstoffen wie Dyneema® oder anderen UHMW-PE-Fasern –, dann wird’s richtig interessant“, berichtet Röhn über die Herausforderungen seines Arbeitsalltages.

„Ich habe niemandem etwas davon erzählt.“

Der 51-jährige Röhn war schon während seines Statistikstudiums als Werkstudent bei Dolezych tätig. Sein weiterer beruflicher Werdegang ist ebenso ungewöhnlich wie bemerkenswert, denn 2011 begann er mit 43 Jahren ein Maschinenbau-Studium, weil er sich durch seine tägliche Arbeit nicht ausreichend gefordert fühlte. „Ich habe niemandem etwas davon erzählt“, gesteht Röhn. Er habe sich selbst erst einmal sicher sein wollen, dass der neue Weg tatsächlich der richtige für ihn ist. „Meine Arbeit wurde durch das Studium aber nicht beeinträchtigt. Uni war ja immer samstags.“ Hin und wieder war dann aber doch etwas Organisationsaufwand notwendig. Röhn erinnert sich an einen turbulenten Tag, an dem er morgens zur Arbeit kam, mittags an der Uni eine Klausur schrieb und anschließend bis in die Abendstunden eine neue Prüfmaschine abnahm. „Das ist dann die Herausforderung, wenn niemand informiert ist“, schmunzelt Röhn. Erst nach drei Jahren weihte er seinen Vorgesetzten von der Qualitätssicherung ein und konnte ihn als Betreuer für seine Bachelorarbeit gewinnen.  Das abschließende Kolloquium fand 2017 vor Ort bei Dolezych statt. Da zu diesem Zeitpunkt immer noch nicht alle Mitarbeiter über das zwischenzeitliche Studium Bescheid wussten, war die verwunderte Bemerkung eines Kollegen über sein schickes Outfit an dem Tag kein Einzelfall. Und was hat sich seitdem geändert? „Ich bin viel mehr ‚draußen‘“, erzählt Röhn. Seit seinem Studium arbeite er deutlich mehr projektbezogen. Beispielsweise war er an der Entwicklung des neuen Ratschlastspanners DoRa80 beteiligt. „Viel Trubel und man kann nie wirklich planen, aber so habe ich es ja gewollt“, lacht Röhn.

Wer’s ganz genau wissen will

Für Hersteller normativ vorgeschriebene Prüfungen z. B. bei Zurrgurten umfassen:

  • Zurrgurtband: Bandbruchprüfung, Dehnungsprüfung
  • Ratsche: Belastungstest, Zugversuch, Handhebeltest
  • Haken: Belastungstest, Zugversuch
  • Gesamtsystem Zurrgurt: Zyklentest, Vorspanntest

Freiwillige Prüfungen bei Zurrgurten umfassen:

  • Zurrgurtband: Scheuertest
  • Ratsche, Haken: Härteprüfung

Dolezych prüft sowohl die obligatorischen Vorgaben als auch interne Qualitätsvorgaben und garantiert so die maximale Qualität der gefertigten Produkte.